Richard Dindo holt Max Frischs Roman in einem berückend schönen Essayfilm ins Leben ... mit einem unsichtbaren Liebhaber und drei stummen Frauen. Die Geschichte um den älteren Ingenieur Walter Faber – der seine Geliebte in New York kalt abserviert, nach Europa zurückreist und auf dem Schiff ein zwanzigjähriges Mädchen kennen- und lieben lernt, das ihn an seine einstige grosse Liebe erinnert – hat Richard Dindo gewissermassen bis aufs Skelett reduziert. Im Film agieren nämlich fast ausschliesslich diese «drei Frauen», die man alle kein Wort sprechen hört, wogegen Faber selber nur durch die im Off gelesenen Romanpassagen präsent ist.
Die äusserst sorgfältige und knappe Auswahl der Romanzitate zeigt, wie intensiv sich Dindo mit der Literaturvorlage auseinandergesetzt hat. Bereits 1980 hatte er mit «Max Frisch – Journal I-III» eine Erzählung (Montauk) jenes Autors,
der sein Denken und Leben stark prägte, zu einer «filmischen Lektüre» verarbeitet.
Danach trug er die Idee, «Homo Faber» zu verfilmen, 30 Jahre mit sich herum.
Das Warten hat sich gelohnt. «Homo Faber – drei Frauen» ist eine jener raren Literaturverfilmungen, die das Prädikat «kongenial» zur Romanvorlage verdient. Ein künstlerisch radikaler Film und ein eindrücklicher Beweis dafür, dass grosses Kino vor allem eine gute Idee braucht ... dann tut es auch ein kleines Budget.
Dindos 35. Film wird den Betrachtenden noch lange in den Köpfen nachgehen.
CH 2014
Eine Literaturverfilmung
DCP, 89 Minuten, D
Buch:
Max Frisch
Regie:
Richard Dindo
Kamera:
Richard Dindo
Montage:
Charlotte Tourrès, René Zumbühl
Darstellerinnen:
Amanda Barron (Ivy), Daphné Baiwir (Sabeth), Marthe Keller (Hanna), Christian Kohlund (Off-Stimme)
Richard Dindo ist anwesend.
Im Mai 2002 war Richard Dindo mit seinem Film "Verhör und Tod in Winterthur" bei FLIZ zu Gast.