Für seinen filmischen Brief an seine Grossmutter Caroline schöpft Stéphane Riethauser aus einem riesigen Fundus an Originaldokumenten. Er verwebt die Film-, Ton-, Bild und Text-
dokumente aus dem Leben der "Madame" mit Dokumenten aus seiner eigenen Entwicklung. Vieles erzählt er, was er sich früher nicht traute. Er spricht über seine Teenagerzeit, über
Sexualität und über viel zu enge Geschlechterrollen. Deutlich ist zu spüren, wie sehr die beiden sich mögen und wie nahe sie sich schon von Anbeginn sind.
Wenn er die Grossmutter mit der Kamera besucht, erleben wir eine herzliche und selbstbewusste Dame alten Schlages, die voller Humor, Stärke und Energie ist.
Zu alten Filmen und Fotoalben erzählt sie von ihrer Kindheit, von ihrer Zwangsheirat als 15-jähriges Mädchen. Die Ehe war ihr ein Greuel, bald verliess sie den ungeliebten Gatten.
Sie lebte nun sehr bewusst ohne einen Mann an ihrer Seite.
Genau so reich bebildert berichtet der Regisseur aus seinem eigenen Leben. Er macht deutlich, dass es ein jahrelanger Prozess war, sich in seiner Homosexualität zu finden. Begonnen hatte der Weg schon in seiner Kindheit.
Beide Lebensläufe sind alles andere als geradlinig, bewegen sich mehr und mehr weg von gesellschaftlichen Normen und haben gerade darin viele Gemeinsamkeiten.
Durch die vielen Bezüge zur Zeitgeschichte wird auch der bereits erfolgte und weiter notwendige Wandel der gesellschaftlichen Normen und Vorstellungen deutlich, damit alle ihr eigenes Leben gestalten können.
Buch + Regie:
Stéphane Riethauser
Kamera:
Stéphane Riethauser
Schnitt:
Natali Barrey
Ton:
Martin Stricker
Musik:
David Perrenoud
Stéphane Riethauser ist anwesend für ein Q&A nach dem Film