Filmbeschrieb

Mahatah

Stories from Main Stations

von Sandra Gysi und Ahmed Abdel Mohsen
Montag
08
Januar
2024
Kino Gotthard Zug
um 20:00
Der Film wurde bereits gezeigt – keine Tickets mehr erhältlich.

Anmerkungen der Regie
"Die Bahnhöfe in Zürich und in Kairo sind für uns beide der Ausgangspunkt für unsere Reisen in unsere andere, zweite bzw. Wahl-Heimat. Symbolisch stehen die Bahnhöfe für die verschiedenen Lebensentwürfe, die sich aus der Wahl eines Ortes ergeben. Wo und wie möchte man leben? Woher kommen wir, wohin wollen wir? Universelle Fragen, die wir uns beide in der Auseinandersetzung mit unseren Biografien stellen.
Während es Ahmed Abdel-Mohsen aus Ägypten in die Schweiz zog, um da ein neues Leben aufzubauen, zog es Sandra Gysi schon in jungen Jahren immer wieder nach Ägypten, um dann jahrelang zu pendeln, bis das Pendel in Kairo stehen blieb, um dann vielleicht auch wieder in eine Richtung auszuschlagen. Was sind die kulturell bedingten Lebensgefühle, die einem vielleicht besser entsprechen?
Die Kultur des freundlichen Chaos in Kairo steht gegen die Kultur der durchgetakteten Organisiertheit in Zürich: Sie – auch wenn hier klischiert vereinfacht – färbt sofort auf uns ab, sobald wir am jeweiligen Ort ankommen. So warten wir im Bahnhof Kairo geduldig auf Züge, während wir uns in Zürich bereits über zwei Minuten Abfahrtsverspätung ärgern. Nach einer Zeit in der schweizerischen Struktur und zeitlichen Verbindlichkeit zieht es uns wieder ins ägyptische Gewusel, in der das Leben geduldig den gegebenen Möglichkeiten folgt... und umgekehrt. Dabei sind wir weder Migrantin noch Migrant, denen keine Wahl des Ortes bleibt, sondern geniessen den grossen Luxus, selbst entscheiden zu dürfen.
Grosse Bahnhöfe wie jene in Zürich und Kairo gehören zu den am besten bewachten und überwachten Orten. Das Vorhaben, hier einen Dokumentarfilm zu drehen, war zugegeben etwas naiv angedacht und stellte uns vor einige unbezwingbar erscheinende Hürden, allen voran den Drehbewilligungen. Während es in der Schweiz vor allem eine Frage der Organisation und der Partnerschaften war, so waren die Wege in Ägypten um einiges verschlungener und unvorhersehbarer. Doch als dies dann mal geregelt war, durften wir selbst die Überwachungszentralen filmen, was in Zürich wiederum undenkbar war. Trotzdem gab es viele bange Stunden, in denen wir in der Cafeteria in Kairo ausharrten, nicht wissend, ob wir unsere Dreharbeiten fortsetzen können. Diese überstanden wir nur Dank unserer lokalen Kontakte und der grossartigen Stimmung in unserem Team. Allen voran waren sie es, die es uns ermöglichten, diese einmaligen Bilder und Töne im Bahnhof Kairo einzufangen.
Bahnhöfe sind Mikrokosmen, die Menschen aus allen sozialen Schichten Zugang gewähren. Es sind öffentliche Räume, die sich dennoch in einer gewissen Geschlossenheit präsentieren. Und, in der Begrenztheit ihrer örtlichen Ausdehnung klingt doch stets das Echo der gesamten Welt. Es war unsere Vision, diese herein klingende Ferne und die Essenzen der Gesellschaften der beiden Orte, die wir am besten kennen, anhand der Bahnhöfe aufzuzeigen, von denen aus wir in die jeweilige Orte reisen oder zurückkehren. Davon handelt unser Film.
Wir wollten nicht nur unser persönliches Empfinden vom Durchschreiten dieser Universen aufspüren, sondern eine allgemeinere, globale Erfahrung, die durch die Migration und Mobilität der Menschen entstanden ist, anhand der rund ein Dutzend Protagonisten in ihren verschiedenen Facetten entdecken. Der Bahnhof ist Teil ihres Lebens und sie machen, dass diese Kosmen wie ineinandergreifende Zahnräder funktionieren. Wir haben beide Orte und ihre Menschen lieben gelernt und wir freuen uns sehr, dass wir Innensichten aus den beiden Bahnhöfen festhalten durften."
Sandra Gysi & Ahmed Abdel Mohsen, Juni 2021

CH 2022
78 Min., DCP, color
OV Deutsch und Arabisch / UT d,f
Regie und Buch: Sanda Gysi und Ahmed Abdel Mohsen
Kamera: Felix von Muralt und Khalid Awad
Schnitt: Ahmed Abdel Mohsa, Anja Bombelli, Annette Brütsch
Ton: Ramon Orza
Musik: Ramon Orza: Julian Sartorius
Produktion: Franziska Reck

Grosse Bahnhöfe, wie jene in Zürich und Kairo, bilden einen Mikrokosmos für Menschen aus aller Welt und allen sozialen Schichten. Hier verdichten sich unterschiedliche Lebensweisen und Kulturen, nicht nur in Baustil und Technik. Vorurteile und Erwartungen, wie getaktete Pünktlichkeit versus gelebtes Chaos, prägen die Reisenden. Zwei Minuten Verspätung wecken in Zürich Unmut, während in Kairo Gelassenheit vorausgesetzt wird. Diese Welten, die wie zwei Paralleluniversen nebeneinander existieren, werden von Menschen genutzt und am Laufen gehalten. Ihnen bietet der Film eine Plattform. Festgehalten in perfekt geschnittenen Bildern und eindrücklicher Musik, bleiben sie in Erinnerung und lassen eigene Erinnerungen wach werden.