Filmbeschrieb

Mein Russland

von Barbara Gräftner
Montag
09
Dezember
2002
Kino Gotthard, Zug
um 20.00 Uhr
Der Film wurde bereits gezeigt – keine Tickets mehr erhältlich.

Eine feine Milieustudie nicht nur aus Wien. Der Sohn einer Bankbeamtin, die ihr Leben im Griff zu haben scheint, heiratet eine Russin. Nicht nur bringen die Verlustängste und Machtansprüche der Mutter alles durcheinander, die plötzlich in Wien einfallende Familie der Braut sorgt für russische Ausgelassenheit und Unbeschwertheit. In der mit Vorurteilen scheinbar perfekt ausgepolsterten Alltagswelt werden im Laufe des Filmes ganz langsam Meinungen und Interessen sichtbar, die in krassem Gegensatz zu der zur Schau gestellten liebenswerten Freundlichkeit stehen. Meint man anfänglich in einem Klamaukfilm zu sitzen, wandelt sich die Stimmung und ganz allmälich gerät man in einen unwiderstehlichen Sog, die glatten Oberflächen werden rissig .
Ein intelligenter, vielschichtiger Film, der uns mit seiner Filmsprache das Gefühl gibt, dabei zu sein, uns direkt mit den eigenen Vorurteilen konfrontiert.

„Filme machen bedeutet für mich das Bleibende hinter den sich wandelnden Gestalten zu sehen, es zu suchen und zu jagen. Es bedeutet, dem Wesentlichen Fallen zu stellen, ihm dicht auf den Fersen zu sein, nicht aufzugeben, dem besseren Wissen über sein unvermeidliches Entwischen zum Trotz. Es bedeutet, das Wesen in jeder Erscheinung listig hervorzulocken. Es bedeutet, geduldig und unerschüt- terlich an eine Seele in allem zu glauben. Voraussetzung für solches Tun ist das zumindest teilweise Verbleiben in einem Urzustand menschlicher Bewusstseinsbildung - einem alchimistischen Weltbild, dem auch die Märchen und Träume entspringen. Denn nur dort gibt es nichts Banales, Hohles, Unbeseeltes. Das bedeutet auch die Weigerung, vernünftig, aufgeklärt oder gar zynisch zu sein." (Barbara Gräftner)

ein Film von Barbara Gräftner
A 2002, 87 min, 35mm, Farbe,

Max Ophüls- Preis 2002 für die Regie

Drehbuch:
Barbara Gräftner
Kamera:
Robert Winkler
Schnitt:
Oliver Naumann
Musik:
Christof Kurzmann
Darsteller:
Andrea Nürnberger, Nathalia Beranova, Holger Schober, Wolfgang Gastiner

Infos zum Filmabend

Barbara Gräftner ist anwesend!